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-Eli


Kapitel 14


Grace ging zu ihrem Wagen zurück, um ihm einen anderen Parkplatz zu suchen. Ihre Begegnung mit Dylan steckte ihr zwar noch in den Knochen, aber irgendwie hatte sie das Gefühl, dass sie das nächste Mal in seiner Gegenwart keinen Anfall mehr erleiden würde und ihre Erinnerungen da blieben wo sie waren. Nämlich in der Vergangenheit.
Hinter ihr raste ein Ungetüm von einem Auto heran, nur um sich elegant in die letzte frei Parklücke zu quetschen, die sie eigentlich hatte ansteuern wollen. Doch ihr blieb keine Zeit sich darüber zu ärgern, als sie auch schon den Fahrer aus dem weißen Pick-up hechten sah, der schwungvoll eine Tasche von der Ladefläche fischte. Sie kannte diesen Kerl. Das war Ilias Clarke. Tight End der Wolves, der da in all seiner furchterregenden Herrlichkeit über den Parkplatz stürmte. Hatte sie etwa ohne es zu wissen einen geheimen Treffpunkt der Wolves gefunden?
„Ilias! Warte, verdammt nochmal! Du hast nicht mal dein Auto abgeschlossen!“, donnerte eine zweite Männerstimme und Grace kramte in ihrem Gedächtnis, während der großgewachsene Blondschopf aus dem Auto stieg, dessen Diamantenstecker in den Ohren das Morgenlicht einfingen.
Janne Kenännen. Das war Janne Kenännen. Ilias Clarke und Janne Kenännen. Angeblich waren sie beste Freunde. Aber irgendwie sah keiner der beiden aus, als sei er gerade der Ruhepol der Mannschaft, den die beiden besten Freunde angeblich bildeten. Im Gegenteil. Ilias Clarke, das Kind nigerianischer Einwanderer und Janne Kenännen der finnisch-kanadische Import, sahen aus, als hätten sie gute Lust einander den Kopf abzureißen.
„Ilias! Jetzt schließ schon ab!“, regte sich Kenännen auf. Er trug bereits eine dunkle Sporthose und ein bedrucktes T-Shirt, das über seiner ausladen Brust spannte. Das viel zu hübsche Gesicht, das auf den meisten Pressefotos ein breites Grinsen zeigte, war zu einem grimmigen Ausdruck verzogen.
„Dann wird’s eben geklaut! Wahrscheinlich ja von dir! Das scheint dein neues Hobby zu sein!“, wetterte Ilias in Richtung seines angeblich besten Freundes und warf hinter sich die Eingangstür zu.
„Ich versuch hier nur die Karten auf den Tisch zu legen! Ilias! Jetzt warte!“ Der blonde Bersker mit den Diamantsteckern setzte Ilias Clarke nach und Grace konnte eine gewisse Neugier nicht leugnen. Was immer sie da gerade auch beobachtet hatte, es würde sich bestens als erstes Artikelthema für ihren Artikel im Offstage eignen, denn offensichtlich gab es Stress in der  angeblich unkaputtbaren Freundschaft der beiden Spieler und Freundschaften und Krisen waren schon immer ein gutes Thema, um darüber zu schreiben.

 °°°

Dylan warf seine Saschen in den Spind der Umkleidekabine. Grace war nicht ganz bei Trost und wenn ihn jemand fragen würde, würde er sie eher zu einer Therapie schicken, als sie auf einen Haufen wahnsinniger Spieler zu hetzen. Andererseits musste wohl jeder der es mit seinem Team aufnehmen wollte selbst ein wenig verrückt sein.
Zu gerne hätte er gewusst, was zum Henker er in ihren Augen eigentlich verbrochen hatte.
„Sprich mich nicht an. Ich hab‘ dir nichts zu sagen!“, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Ilias Clarke, selbsternannter Playboy und einer der besten Tight Ends der Liga stürmte in die Umkleidekabine des Fitnessstudios. Das krause Haar so kurz geschoren wie lange nicht und die ausladenden Muskeln  in Markenklamotten verpackt, warf er seine Trainingstasche auf den Boden.
„Ich rede dich an, wann ich will!“ Janne, ihr halb finnischer, halb kanadischer Center kam in die Umkleide gesegelt und sah dabei nicht weniger gereizt aus wie sein bester Freund. Seine Diamantohrstecker glitzerten im Morgenlicht, als er Dylan erkannte.
„Tag, Nite.“
„Janne.“ Dylan sah zwischen seinen beiden mies gelaunten Kollegen hin und her. Noch nie hatte zwischen Janne und Ilias schlechte Luft geherrscht. Die beiden waren sogar gemeinsam in Urlaub gefahren.
„Verpiss dich! Ich hab dir nichts zu sagen!“, herrschte Ilias seinen Kumpel an.
„Du benimmst dich lächerlich!“  Der braungebrannte Janne machte Anstalten  Ilias gegen die die Spindwand donnern zu wollen.
„Verpiss dich, Ballerina!“ Ilias volle Lippen wurden schmal und Janne gab einen Fluch von sich, den er nicht verstand, ehe er davon stürmte.
„Soll ich die Kamera rausholen, oder nimmst du die Seifenoper schon selbst auf?“, kommentierte Dylan den Streit seiner Teamkameraden flapsig.
Ilias riss beinahe die die Spindtür aus den Angeln, als er sich sein Shirt über den Kopf zerrte. „Das ist nicht nötig.“ Ilias hatte Mühe seine Zähne auseinander zu bekommen. „Weil’s absolut nichts zu erzählen gibt.“
„Ach? War euer Pärchenurlaub nicht von Erfolg gekrönt?“
„Spar dir deine Witze.“ Er schob seinen Kiefer nach vorn und verschränkte die Arme vor der haarlosen Brust. „Ich bin fertig mit dem!“
Dylan lehnte sich gegen die Wand. Ilias und Janne waren nie fertig miteinander. Sie waren Pech und Schwefel. Die Achse, die ihr Team zusammenhielt, egal wie beschissen es gerade lief. Die zwei waren Freunde seit der ersten Sekunde, in der Janne ins Team gekommen war.
„Was habt ihr für einen Ehekrach?“, hakte Dylan mit mehr Besorgnis nach, als er wollte. Wenn die beiden Krach hatten, dann war sehr bald sein ganzes Team darin verwickelt.
Ilias schloss für einen Moment die Augen, ehe er tief durchatmete. „Erinnerst du dich daran, das mich Clint und Curtis mir eine Freundin besorgen wollten, die mich endlich an die Leine nimmt?“
„Ja.“
„Nun. Janne, hatte ein Ass im Ärmel.“ Ilias braune Augen bohrten sich in seine.
„Ja, und?“ Dylan runzelte die Stirn.
„Oh, sie ist die großartigste Frau, die man sich vorstellen kann. Ich habe noch keine wie sie getroffen.“
„Na. Klingt doch gut.“ Dylan betrachtete den talentierten Tight End kritisch, der dabei war an seinem Gürtel zu zerren. „Wo liegt das Problem?“
„Ich bin nicht der einzige, der das so sieht.“
„Ihr streitet euch um eine Frau?“
„Nicht um irgendeine“ verbesserte ihn Ilias. „Um Lina. Lina ist es wert, Mann.“
„Lina.“ Dylan wiederholte ihren Namen grollend. „Hat diese Lina auch einen Nachnamen?“
„Ja. Lina Davis. Ich hab noch keine wie sie getroffen, Dylan. Sie ist der Oberknaller.“ Der Tight End gab ein tiefes Seufzen von sich.
„Ihr streitet euch also um ein und dieselbe Frau…. großartig.“ Dylan konnte die Hoffnung in der nächsten Saison überhaupt in die Play-offs zukommen vor seinen Augen schwinden sehen.
„Janne hat sie mir vorgestellt. Wir sind ausgegangen und nun hat er sich ganz plötzlich überlegt, dass sie seine Traumfrau ist.“
„Verdammt, Ilias! Unsere Saison hat noch nicht mal angefangen. Kann’s einmal kein Drama in unserem Team geben?“
„Sag das nicht mir! Sag das ihm!“ Ilias zerrte seine Jeans von den Füßen und warf sie mit dem Rest seiner Sachen in seinen offenen Spind.
„Und wen von euch beiden Helden, will sie haben?“
Ilias murmelte irgendwas in seinen nicht vorhandenen Bart.
„Bitte? Ich hab‘ nichts verstanden.“
„Lina weiß nicht, dass wir uns kennen. Und bisher war alles ganz freundschaftlich. Janne hat’s mir gerade erst gesagt, dass er auch was von ihr will.“
„Klasse. Das hat uns noch gefehlt.“ Jetzt hatten sie also nicht nur die verrückte Grace an der Backe sondern auch noch ein ausgewachsenes Liebesdrama- Dreiecks-Ding. „Und wie regelt ihr das jetzt?“
„Gar nicht regeln wir das! Wenn er nicht aufpasst polier ich diesem miesen Verräter die Fresse!“
Dylan kratze sich am Kinn. „Was hältst du davon, wenn wir stattdessen den Boxsack nehmen? Ich muss dir ohnehin noch ein paar Neuigkeiten berichten.“
„Mh…“, grollte sein Teamkollege. „Am besten fängst du damit an mir zu erklären, weshalb du dieses Gestrüpp im Gesicht hast.“

 

 °°°

Grace hatte sich mit ihrem Handy auf eines der Laufbänder zurückgezogen und ließ die letzten Interviews von Janne Kenännen und Ilias Clarke über sie hinweg plätschern, während sie langsam vor sich hin trabte. In den Augenwinkeln konnte sie den blonden Center der Wolves erkennen, der sich mit einem der Mitarbeiter des Studios unterhielt. Ihn anzusprechen schlug sich Grace aus dem Kopf, je länger sie Kenännen beobachtete. Er war wütend und wütende Männer sagten meist nicht viel, außer ein paar Schimpfworte und die verhängnisvollen beiden Worte „Keinen Kommentar.“ Anders als Frauen. Frauen waren dann meist ein Quell der Worte.
Sie war gut damit beraten Kenännens Zorn erst einmal sacken zu lassen und sich darum zu kümmern ihre Hausaufgaben zu machen, eine offizielle Interview Anfrage zu stellen und ihre Großmutter zu ein paar Details aus dem Spielerleben von Kenännen und Clarke zu befragen.

 

°°°

Der Sandsack gab unter seinem Schlag nach, doch wenn Dylan ehrlich war, achtete er nicht weiter darauf. Er war abgelenkt von der kleinen Reporterin, die oben in der Galerie ihren perfekten Arsch unmotiviert über das Laufband schob. In ihren kleinen Shorts und dem gut sitzenden Top machte sie ihren Auftritt von vorhin mehr als wieder wett.
Die Glasscheibe, die den Boxbereich vom restlichen Fitnessstudio im ersten Stock trennte war eine verflucht intelligente Idee gewesen.
„Nite, wo starrst du denn hin?“
„Ich gucke unserer Reporterin beim Schwitzen zu“, antwortete Dylan seinem Kollegen, der noch immer mit einem Messer zwischen den Zähnen herumlief. „Still ist sie viel angenehmer.“
„Reporterin?“ Ilias trat neben ihn. „Was für‘ne Reporterin?“
„Sag‘ mal habt ihr beiden Liebeskranken überhaupt irgendwas von der Welt in eurem Urlaub mitbekommen? Die kleine hypochondrische Hyäne soll uns interviewen und sich Stories über uns aus den Fingern saugen. Eine Saison lang.“
Ilias folgte seinem Blick. „Dann kann Janne ihr ja von seinen Heldentaten erzählen.“
„Ihr zickt schlimmer als die Weiber.“
„Würdest du auch, wenn dir jemand deine Traumfrau wegschnappen wollte!“ Ilias donnerte seine Faust gegen den Sandsack. „Zumindest wenn du ein verfluchtes Herz hättest!“
Dylan hob eine Augenbraue. Wenn Ilias so weiter machte könnte er sich gemeinsam mit Grace zum Theater anmelden.
„Mach dich wenigstens warm, bevor du dir noch irgendetwas zerrst, nur weil du sauer auf Kenännen bist.“
„Janne wird mir das büßen. Büßen wird er!“, brummte Ilias, der nun immerhin begann sich aufzuwärmen. „Dieser Schweinehund.“
„Oh Mann.“ Die Wolves hatten gute Chancen dieses Jahr nicht nur von Clints und Jaimies Streitereien aufgerieben zu werden, sondern auch noch von Janne und Ilias Zankereien. Ein ausgewachsener, teaminterner Zickenkrieg war genau das, was die Wolves nicht brauchen konnten. Eigentlich hatte Dylan sich dieses Jahr vorgenommen einen zweiten Meisterring zu gewinnen, nicht seinen Abschluss als Kindergärtner zu machen.
„Wo wohnt diese Lina überhaupt?“
„Kanada. Hat keinen Ton von Janne gesagt. Keinen Ton. Der Kerl braucht sich gar nicht so aufspielen. Von wegen alte Bekannte und so“, grummelte Ilias. „Keinen Ton.“
Ilias wiederholte sich gern, wenn er sich aufregte. Wie eine gesprungene Schallplatte. Aber jeder hatte wohl eine andere Art mit Ärger umzugehen.


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Eliza Hill